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2016/2017 / November Dezember Januar /

www.miteinander-aktivesleben.de

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miteinander

Aktives Leben im Alter gGmbH

T i t e l t h e m a

Jürgen Rieke

wurde 1943 in

Rinteln an der Weser

geboren. Er machte 1964 sein Abitur und stu-

dierte danach in Marburg bis 1969 Medizin, wo

er auch seinen

Facharzt in Neurologie und Psychia-

trie

machte und 1970 in der Gynäkologie mit

einer experimentellen Arbeit

promovierte

.

1980 zog Rieke nach Gießen und ließ sich in der

Universitätsstadt mit einer

Praxis in der Frankfur-

ter Straße

nieder. Er praktizierte als

Neurologe

,

Psychiater

und

Epileptologe

. Durch seine rege

Konsiliartätigkeit in nichtuniversitären Kliniken

und Seniorenheimen und aufgrund seines Ar-

beitseifers erwarb er sich in den Einrichtungen

den inoffiziellen Titel

Mitternachtsdoktor

. Ge-

meinsam mit der Gießener Psychologin

Pamela

Hirzmann

gründete Rieke um die Jahrtausend-

wende

Cognet

(mehr dazu unter:

www.cognet

-

giessen.de

), ein Institut für Patienten mit

Gedächtnisstörungen. Weitere Schwerpunkte

waren die Parkinson-Krankheit und die vielen

Formen der Epilepsie gerade auch imAlter. Zen-

traler Ansatz der Institutsarbeit war dieMischung

aus neurologischer Diagnostik und psychiatri-

scher Beurteilung. Riekes Entscheidung für Neu-

rologie und Psychiatrie hatte etwas mit seiner

Liebe für Philosophie zu tun, wie er imGespräch

mit MITEINANDER selbst betont: „Meine

Vorstellung war

die:Wenn

ich etwas über das Ge-

hirn auf der einen Seite und die Seele auf der an-

deren Seite weiß – dann habe ich eine Chance, die

Menschen zu verstehen. Menschen zu verstehen

war mein Leitgedanke.“ In seiner Freizeit ist

Rieke an Literatur, Philosophie und Malerei in-

teressiert und leidenschaftlicher Tierfotograf.

Zudem auch mit viel Herz und Liebe Großvater.

Dr. Rieke, in IhremVortrag beim 10-jährigen Ju-

biläumsfest des Seniorenhauses Lumdatal Anfang

August haben Sie über den Verlust sozialer Be-

deutung im Alter gesprochen. Was meinen Sie

damit?

RIEKE: Das, was vielleicht am charakteristischs-

ten ist, ist die Einmaligkeit jedes Menschen.

Es

gibt kein Alternativmodell zu diesem einen Men-

schen

, mit seiner Erfahrung, mit der Art undWeise,

wie er das Leben gemeistert hat, mit den Schwä-

chen, den Enttäuschungen und Kränkungen, der

Fülle des Glücks und des Erfolgs. Man muss die

im Leben erlangte Würde nun vor dem betrachten,

was im Alter passiert: Eine im Leben selbstver-

ständliche Autonomie geht im Laufe des Alte-

rungsprozesses oftmals vollständig verloren. Dieser

Verlust mündet ein in die Pflegenotwendigkeit,

weil man aus körperlichen, seelischen und geisti-

gen Gründen vieles nicht mehr bewerkstelligen

kann. Die Frage lautet daher: Wie schafft es ein

älterer Mensch, trotz Verlustes seiner sozialen

Kompetenz und Autonomie und trotz Pflegebe-

dürftigkeit seine Lebenswürde zu bewahren?

„Empathie

ist wichtig“

Interview mit dem Gießener Neu-

rologen und Psychiater Dr. Jürgen

Rieke über die Notwendigkeit von

Biografiearbeit in der Pflege.

Interview