2015 / August September Oktober /
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miteinander
Aktives Leben im Alter gGmbH
T i t e l t h e m a
MITEINANDER: Frau Hüwel, Frau Kreuder,
Herr Hopp, ganz direkt: Muss jemand ein
schlechtes Gewissen haben, wenn der eigene Vater
oder die eigene Mutter ins Pflegeheim muss?
Hopp:
In der Regel nicht. Denn dort sind die Fa-
milienmitglieder gut aufgehoben. Das Problem
für viele ist, dass die Menschen, die ins Pflege-
heim sollen, ihr Zuhause lieben und dort auch
gerne bleiben würden. Leider kann aber nicht
jeder zu Hause versorgt werden.
Kreuder:
Ich würde sagen: Nein! Es gibt ja un-
terschiedliche Gründe, einen Angehörigen ins
Pflegeheim zu geben. Meine Mutter beispiels-
weise ist dement, alle Geschwister sind erwerbs-
tätig, weshalb es keine Frage des Wollens war. Die
einzige Lösung, um eine angemessene Pflege si-
cherzustellen, war eben das Seniorenheim.
Hüwel:
Man sollte kein schlech-
tes Gewissen haben, dieses ver-
ursachen meist „wohlmeinende“
Nachbarn. Die sollten mal je-
manden eine Woche nehmen,
dann wüssten die, was realistisch
geht und was eben nicht. Man
kann eine Pflege zu Hause nur
eine gewisse Zeit machen, und
schon gar nicht alleine. Was
macht man, wenn bei einer de-
menzkranken Mutter die Gefahr
besteht, dass diese verwirrt auf
die Straße läuft? Oder die Woh-
nung in Brand setzt, weil sie ver-
gessen
hat,
den
Herd
auszumachen? Nur bis zu einem
gewissen Grad sind Schutzmaß-
nahmen möglich.
Kreuder:
Die Gefahr von Vereinsamung zu Hause
ist meiner Ansicht nach deutlich größer als in einer
stationären Einrichtung. Dies ist meine persönli-
che, auch berufliche Erfahrung in einem Sozial-
amt. Für mich habe ich erkannt: In einem
Pflegeheim ist man rundumbetreut, gut versorgt
und gut aufgehoben. Das beruhigt.
(die anderen ni-
cken zustimmend)
M
ITEINANDER:Wastun, wennman denVater
oder die Mutter nicht jeden Tag im Heim besu-
chen kann?
Hüwel:
Ich komme selbst nicht jeden Tag.
Hopp:
…täglich ist gar nicht leistbar!
Hüwel:
Meine Mutter sagte gelegentlich: Ja, ja, wir
haben uns abgeplagt, dass ihr gut leben könnt, aber
was will man darauf sagen. Wenn Not am Mann
ist, komme ich natürlich jeden Tag. Ansonsten
Wachsamkeit
bei der Pflege
Angehörige durchleben emotional unterschiedliche
Facetten während der Unterstützung von Familien-
mitgliedern, die sich in einem Pflegeheim befinden.
MITEINANDER sprach mit Angehörigen: Edda
Hüwel (
Bild oben links
), 64, aus Mücke-Ilsdorf, deren
an Demenz erkrankte Mutter seit sechs Jahren im
Grünberger Haus der Senioren (HdS) lebt. Andrea
Kreuder (
Bild oben rechts
), 47, aus Grünberg, dieMut-
ter (ebenfalls dementiell erkrankt) ist seit drei Jahren
imHdS. Und Robert Hopp (
Bild oben mitte
), 61, des-
senMutter im letzten August mit 88 Jahren verstarb,
diese war etwa acht Jahre im HdS.