2015 / August September Oktober /
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Angehörigen-Gesprächskreis
S e r v i c e
M O B I P f l e g e - u n d S o z i a l d i e n s t
einen lieben Menschen betreuen zu müssen, der
schwer erkrankt ist, empfanden auch die anderen
in der Gruppe. So hatte sich Mechthild Schmid-
berger (ebenfalls aus Grünberg) vor fünf Jahren an
den Gesprächskreis gewandt, als ihr Mann gegen
Stimmband- und Kehlkopfkrebs kämpfte. „Mir
gefielen die monatlichen Treffen und der persön-
liche Austausch innerhalb der Gruppe. Die Ge-
spräche taten mir unheimlich gut.“
Wichtige Hilfestellungen und Tipps
Halbich und Schmidberger betrachten vor allem
die Tipps und Ratschläge von Fachkräften seitens
der MOBI als wichtig, Schmidberger lernte bei-
spielsweise konkret mehr über die Magensonde,
die ihr Mann benötigte. Die Experten der MOBI
könnten den Teilnehmern der Gruppe wichtige
Hilfestellungen geben, wie Scharmann anmerkt,
zudem würden „Pflegekurse auch heute immer
noch angeboten“.
Was hat die anderen Mitglieder zum Mitmachen
bewegt? Das Schicksal von Hildegard Leicht ist
sicherlich exemplarisch für viele Angehörige in
ähnlicher Situation: „Man denkt ja auch manch-
mal, dass man etwas falsch macht, in der Gruppe
kann man dann das eigene Verhalten reflektieren
und sich Feedback holen.“ Leicht, die aus Mücke-
Ilsdorf kommt, umsorgte ihre Mutter, als diese an
Demenz erkrankte und 2011 pflegebedürftig
wurde. „Wenn die Mutter abbaut und der Anfang
der Demenz da ist, dann kann man sich mit ande-
ren austauschen, mit anderen reden, sich Erleich-
terung verschaffen. Deshalb bin ich dabei.“
Die in Groß-Eichen beheimateten Raeja Büttner
und ihr Ehemann Wolfgang Büttner begleiten die
Gruppe seit den ersten Abenden. Beide erlebten
ein Schicksal aus heiterem Himmel: Die Mutter
des Mannes fiel hin, verletzte sich am Kopf und
wurde von einem auf den andern Tag hilflos. „Ein
Schock“, so Büttner, für seine Frau war trotzdem
sofort klar: „Ein Heim kommt nicht in Frage.“
Und gerade bei der Pflege zu Hause kam die Idee
zu diesem Gesprächskreis. „Wenn man ganz al-
leine mit einer dementen und pflegebedürftigen
Schwiegermutter ist“, erläutert die gebürtige Fin-
nin Raeja Büttner, „fühlt man sich mehr als einmal
hilflos“. Für sie waren „die ersten Jahre ganz
schlimm neben unserer Arbeit“. Wie bei so vielen
Menschen, die jemanden zu Hause pflegen, kam
zum eigenen Haushalt noch der Haushalt der
Schwiegermutter hinzu. „Diese Doppelbelastung“,
so Büttner, „und dazu die Pflege hätten mich bei-
nahe umgebracht.“
Pflegebedürftigkeit kann jederzeit kommen
Die Lösung entstand mit der Zeit, der Gesprächs-
kreis sei immer begleitend dabei gewesen: Heute
kümmere sich ihr Mann jeweils eine Woche um
seine Mutter, „dann bin ich eine Woche dran. Die
Woche, in der mein Mann die Pflege übernimmt,
ist dann die Woche, in der ich Entlastung finde
und aufgelaufene Arbeiten erledige. In dieser
Woche habe ich Freiraum für mich.“ Nicht nur die
Pflegetipps des Gesprächskreises halfen beiden ein
wenig aus seelischen Tieflagen heraus, auch die
Abb.: Rolf Fleischmann, Wolfgang & Raeja Büttner, Sigrid Halbich, Mechthild